Er war ein einfacher Handwerker. Ein einfacher Zimmermann in Nazareth, einem unbedeutenden Fleck auf der Landkarte. So beschreibt das Matthäusevangelium Josef, den Vater von Jesus. Warum gerade er? Hatte Gott nicht geeigneter Kandidaten? Wäre nicht ein redegewandter Priester aus Jerusalem oder ein Absolvent einer Gelehrtenschule passender gewesen? Wie kam Gott auf Josef?
Die Antwort darauf hat im Wesentlichen mit seinem guten Ruf zu tun, den er für Jesus aufgab. „Josef aber, ihr Mann, war fromm und wollte sie nicht in Schande bringen, gedachte aber, sie heimlich zu verlassen“ (Matthäus 1,19).
Ein frommer Mann – damit beschreibt Matthäus das Ansehen, das Josef im Dorf genoss. In den Augen der Einwohner von Nazareth war er so etwas wie ein Diakon, ein Bibellehrer oder ein weiser Mann. Vermutlich war Josef stolz auf seinen guten Ruf, doch Maria brachte diesen mit einem einzigen Satz ins Wanken: „Ich bin schwanger.“
Was nun? Seine Verlobte ist entehrt und besudelt… er ist fromm und gottesfürchtig. Auf der einen Seite steht das Gesetz, auf der anderen Seite seine Liebe zu ihr. Das jüdische Gesetz verlangte ihre Steinigung, doch die Liebe will vergeben. Josef ist hin- und hergerissen.
Und mitten in diesen inneren Kampf hinein erscheint der Engel, der sagt, Josef solle sich über den wachsenden Bauch keinen Kopf machen, sondern sich freuen: „Sie trägt Gottes Sohn in ihrem Leib“, erklärt der Engel.
Aber wer nimmt ihm das ab?
Ich stelle mir vor, wie sich Schweißperlen auf seiner Stirn bilden. Was für eine Zwickmühle. Soll er sich zu einer Lüge hinreißen lassen, um sein Ansehen im Dorf zu bewahren? Soll er die Wahrheit sagen und seinen guten Ruf verlieren? Er entscheidet sich. „Josef […] nahm seine Frau zu sich. Und er berührte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar.“ (Matthäus 1, 24&25)
Josef gab sein Thora-Studium auf und nahm seine schwangere Verlobte samt ihrem unehelichen Sohn zu sich. Er stellte Gott an die erste Stelle. Gottes Pläne waren ihm wichtiger als seine eigenen Vorstellungen vom Leben.
wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte,
und nahm seine Frau zu sich. Und er berührte sie nicht,
bis sie einen Sohn gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.“
Matthäus 1, 24-25